Weil Twitter und Facebook nicht alles erlauben, kommt jetzt ein neuer Spieler auf den Markt
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Weil Twitter und Facebook nicht alles erlauben, kommt jetzt ein neuer Spieler auf den Markt
Admin schrieb:
Das werde ich mit Sicherheit in der nächsten Zeit ausprobieren.
So wie es aussieht,
gibt Alternativen zu der Zensur Maschine von Facebook.
Die App wird sogar über Google Play angeboten.
Ich habe mir auch mal einen Großteil der Bewertungen angesehen, die Linken toben vor Wut und machen die Alternative schlecht.
Noch ein Grund mehr es einfach mal zu testen.
Weil Twitter und Facebook nicht alles erlauben, kommt jetzt ein neuer Spieler auf den Markt
Immer rigoroser greifen Facebook und Twitter in Inhalte ein, die ihre Nutzer verbreiten. Davon profitiert Parler. Die Plattform wirbt mit Meinungsfreiheit und bekommt Zulauf – vor allem aus dem rechten Lager.
John Matze ist ein Waffensammler. An den Bürowänden des 27-jährigen Amerikaners hängen britische und amerikanische Gewehre aus dem Zweiten Weltkrieg. «Das kommt gut an bei den Konservativen», sagt er. Matze ist Gründer und CEO von Parler, dem selbsterklärten Anti-Twitter.
Das soziale Netzwerk hat in diesen Wochen grossen Zulauf. Seitdem Facebook und vor allem Twitter angefangen haben, immer stärker in die Inhalte einzugreifen und Nutzer zu sperren, um Fake-News und Hetze zu bekämpfen, hat Parler einige gewichtige Persönlichkeiten hinzugewonnen. Unter ihnen befinden sich auch Vertraute des amerikanischen Präsidenten Donald Trump wie sein Berater Brad Parscale sowie sein Sohn Eric, bekannte Republikaner wie Rand Paul, Ted Cruz und Rudy Giuliani sowie der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro – und seit kurzem auch Vertreter der rechtsextremen europäischen Identitären Bewegung.
Meinungsfreiheit contra «Techno-Faschismus»
Parlers Höhenflug begann, als Twitter Ende Mai das erste Mal einen Tweet von Donald Trump als «potenziell irreführende Information» kennzeichnete. Es folgten weitere «Flags» und mit ihnen ein Sturm der Entrüstung, vor allem bei amerikanischen Konservativen und Rechten. Seitdem hat Twitter weiter durchgegriffen, Beiträge gekennzeichnet und Accounts der Identitären Bewegung und von Verschwörungstheoretikern gesperrt. Facebook, dessen Chef Mark Zuckerberg sich lange gegen Faktenchecks bei Politikern ausgesprochen hat, ist ebenfalls unter Druck geraten. Werbekunden wie Coca-Cola, Unilever und VW kündigten Ende Juni an, zumindest zeitweise keine Anzeigen auf Facebook mehr zu schalten. Offizielle Begründung: Facebook unternehme zu wenig gegen Hassbotschaften.
Diese Gemengelage kommt nun Parler zugute. Im August 2018 gründete John Matze mit einem ehemaligen College-Zimmergenossen die Plattform, die in Bezug auf Layout und Bedienung Twitter sehr ähnelt. Und doch soll sie ganz anders sein, nämlich «wahre» Meinungsfreiheit bieten. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Henderson, nahe Las Vegas. Damit hat Parler sowohl eine räumliche als auch eine mentale Distanz zum Silicon Valley. In seinen Angriffen auf die dortigen Tech-Konzerne ist Matze denn auch wenig zimperlich. «Wir lehnen Techno-Faschismus und jene, die glauben, dass sie die einzigen Hüter der Wahrheit sind, ab», schrieb er etwa Anfang Juli in einem Parler-Beitrag.
«Facebook und Twitter verhalten sich wie Verleger», sagt Matze im Gespräch mit der NZZ. Durch Algorithmen, Moderation und Sperren bekämen die Nutzer in ihren Newsfeeds nur ein verzerrtes Bild zu sehen, eine wirkliche Diskussionskultur und Meinungsbildung könne so nicht mehr entstehen. Das sei bei Parler anders, behauptet Matze. Gelöscht würden nur Inhalte, die gegen den ersten Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung und die Richtlinien der Federal Communications Commission, die staatliche Aufsichtsbehörde für Medien- und Kommunikationsbelange, verstiessen. Aber auch Parlers Community-Regeln umfassen immerhin sechs Seiten, einzelne Punkte sind mit Verweisen auf entsprechende Urteile des Supreme Court versehen. Spam, Obszönitäten, terroristische Inhalte und Aufrufe zur Gewalt sind verboten.
Als Beispiel dafür, wie sich Parler von den etablierten sozialen Netzwerken unterscheidet und für Meinungsfreiheit einsteht, führt Matze den Umgang mit dem «Plandemic»-Video an. Diese «Dokumentation» ist voller Verschwörungstheorien. Sie legt dar, dass führende Experten die Wahrheit über das neue Coronavirus angeblich verschleierten, um an Macht und Geld zu gelangen. Als das Video sich Anfang Mai verbreitete und in einer Woche millionenfach angeschaut wurde, löschten es Facebook, Twitter und Youtube von ihren Plattformen. Die Begründung dafür lautete, dass das Video Falschinformationen verbreiten würde, die potenziell gesundheitsschädlich seien. Parler postete das Video daraufhin auf seinem offiziellen Account. «Wir haben unseren Nutzern das Video zeigen und sie selbst entscheiden lassen wollen, was sie davon halten», sagt Matze.
Millionen neue Nutzer in wenigen Wochen
Ende 2018 zählte Parler knapp 60 000 Nutzer. Ein Jahr später waren es immerhin schon mehr als eine halbe Million. Nun sind es bereits rund drei Millionen. Seit Mai kommen laut Matze Hunderttausende von neuen Nutzern pro Woche dazu. Die Parler-App liess in Apples App-Stores sogar Twitter teilweise hinter sich. Parlers Nutzerzahlen sind zwar im Vergleich zu Twitter mit seinen 1,3 Milliarden Accounts und 330 Millionen monatlich aktiven Nutzer immer noch gering, aber das Wachstum vor allem bei politischen Schwergewichten aus dem rechten Lager in den USA ist bemerkenswert.
Wie politisch unausgewogen die Plattform ist, wird jedem schnell klar, der sich dort registriert. Parler schlägt Neulingen sowohl Nutzer als auch Medien vor. Bei Letzteren steht das rechte Online-Medium «Breitbart» an erster Stelle (800 000 Follower). Bei den Nutzern sind es Dan Bongino, ein bekannter amerikanischer Radio- und Podcast-Talkmaster und Trump-Anhänger (1,2 Millionen Follower), Trumps Kampagnen-Account Team Trump (1,2 Millionen Follower) und Eric Trump (970 000 Follower). Diese Vorschläge sind ein Spiegel dessen, wer auf Parler aktiv ist, denn momentan werden sie noch automatisch generiert. Dort landet, wer die meisten Follower und ein goldfarbenes Abzeichen hat – also ein verifizierter Account einer populären Person ist.
Wer den vorgeschlagenen Accounts folgt, hat entsprechend einseitige Beiträge in seiner Timeline. Die Themen überraschen wenig: Aufforderungen, Trumps Wiederwahl zu unterstützen, wenig Schmeichelhaftes über Trumps Rivalen, Chinas Schuld an der Corona-Krise, gewalttätige Aktivisten in der «Black Lives Matter»-Bewegung, Angriffe auf die sogenannten Mainstream-Medien sowie diverse Verschwörungstheorien. Wer als amerikanischer Politiker oder Publizist im rechten Spektrum sein Publikum sehen und erreichen will, ist bei Parler somit an der richtigen Adresse.
Parlers Investoren sind laut Matze ideologisch motiviert. «Sie wollen alle Meinungsfreiheit und Neutralität», sagt er. Es gehe ihm zunächst ums Wachstum, um anschliessend vor allem über Werbung Geld zu verdienen. Diese soll an bestimmte einflussreiche Accounts gebunden sein, also gezielt an deren Follower ausgespielt werden. Damit will Matze Probleme vermeiden, wie sie Facebook gerade mit dem Werbeboykott erlebt. «Die Unternehmen wollen ihre Werbung nicht neben Inhalten sehen, die ihre Marke schädigen», sagt Matze.
Wer löscht was?
Im Zuge von Parlers wachsendem Erfolg haben sich aber auch Linke angemeldet, um rechte Nutzer zu provozieren und zu beleidigen. Um des Ganzen Herr zu werden, kümmern sich mittlerweile rund 200 Freiwillige um die Moderation von Inhalten. Sie orientieren sich dabei an den Community-Richtlinien. Zwei Moderatoren schauen sich unabhängig voneinander Nutzerbeschwerden an. Wenn beide zum selben Ergebnis kommen, dann ist der Fall entschieden. Diejenigen, die sich um das Moderatorenamt bewerben, müssen einen Test absolvieren, der auf echten Fällen beruht. Nachdem dieser bestanden worden ist, wird geschaut, ob die Nutzer selbst nie gegen Regeln verstossen haben, keine extremen Positionen vertreten und ihr Account verifiziert ist.
Doch wie bei anderen sozialen Netzwerken ist die Auslegung der Community-Regeln nicht immer eindeutig. Das zeigt sich auch in Matzes eigenen Aussagen. Auf die Frage etwa, wie Parler mit rassistischen Beiträgen umgehe, sagte er im Juni 2019 in einem Interview mit einem konservativen politischen Kommentator, dass rassistische Kommentare existieren könnten, solange nicht zur Gewalt aufgerufen würde. Im Gespräch mit der NZZ gut ein Jahr später klingt seine Antwort etwas anders. Das mag daran liegen, dass Parler inzwischen Millionen neuer Nutzer hat und es durch die «Black Lives Matter»-Demonstrationen gerade eine hohe Sensibilität für Rassismus gibt. Viele rassistische Kommentare fielen sowieso unter die Spam-Regeln, sagt Matze ausweichend. «Viele dieser Nutzer beleidigten einfach nur, diskutierten nicht und werden letztlich gelöscht.»
Neben der Tatsache, dass es auch bei Parler Moderatoren gibt, die im Zweifelsfall über Inhalte entscheiden, gibt es noch einen Punkt, der das Credo für freie Meinungsäusserung angreifbar macht. Denn die offenen Diskussionen, die Matze laut eigenen Aussagen gerne hätte, können Nutzer relativ leicht unterbinden. Jeder kann in seinen Nutzer-Einstellungen angeben, wie er mit Kommentaren unter den eigenen Beiträgen umgehen will. So können Nutzer zum Beispiel alle Kommentare erst einmal verbergen, solange sie diese nicht manuell freigegeben haben. Es gibt zudem Wortfilter und die Möglichkeit, bestimmte Nutzer auszuschliessen.
Identitäre entdecken Parler für sich
Nicht nur in den USA hat Parler in letzter Zeit neue Nutzer hinzugewonnen. Auch in Europa sind rechte Kreise auf die Plattform aufmerksam geworden. Grund dafür ist wohl vor allem Twitters hartes Durchgreifen gegenüber der Identitären Bewegung in den vergangenen Wochen. Der Österreicher Martin Sellner, der Kopf der Bewegung, ist seitdem bei Parler. Das ist kein Zufall. Seine amerikanische Frau Brittany (geborene Pettibone) ist in der Alt-Right-Bewegung aktiv und schon seit Parlers Anfangszeiten 2018 Mitglied. Wirklich aktiv geworden ist sie allerdings, wie viele andere, erst Ende Juni.
Zu diesem Zeitpunkt ist auch Martin Sellner Parler beigetreten, er hat mittlerweile 2800 Follower. Schaut man sich die Liste derjenigen an, denen er folgt, entdeckt man viele Identitäre aus ganz Europa und auch einige junge Anhänger und Lokalpolitiker der Alternative für Deutschland (AfD). Viele dieser Accounts sind Parler erst Ende Juli beigetreten. Die beherrschenden Themen in diesem Kreis ähneln denen in den USA: Corona-Verschwörungstheorien, gewalttätige Ausländer und angebliche Zensur.
Was, wenn Trump beitritt?
Ob der Trend anhält und die europäische Rechte weiter Parler als Alternative zu Twitter für sich entdeckt, bleibt abzuwarten. Viele Identitäre haben sich in Gruppen des Messenger-Dienstes Telegram zurückgezogen. Aktiv um europäische Nutzer bemühen wird sich Parler erst einmal nicht. Die Privacy Policy ist nicht mit dem europäischen Datenschutzrecht konform. Die Moderation wird komplexer, je mehr Sprachen auf der Plattform benutzt werden. Und Matze gibt, ohne zu zögern, zu, sich nicht sonderlich für europäische Politik zu interessieren – trotz Verwandten im österreichischen Kärnten, bei denen er früher zum Babysitten war. Immerhin hat Parler laut Matze nun jemanden angestellt, der sich mit dem Datenschutzgesetz auskennt und die Plattform zumindest von rechtlicher Seite für eine europäische Kampagne vorbereiten kann.
Und was passiert, wenn Trump sich dazu entscheiden sollte, Parler beizutreten? Immerhin rechnet dieser laut eigener Aussage selbst damit, vor der Präsidentschaftswahl im November von Twitter gesperrt zu werden. «Einige Leute sagen, dass ich Parler beitreten soll», sagte Trump kürzlich und fügte an: «Vielleicht.»
«Wenn Trump das auf Twitter ankündigt, und wir haben nur eine Stunde, um uns darauf vorzubereiten, dann wäre das nicht so gut», sagt Matze lachend. Aber mit 48 Stunden Vorlaufzeit wäre Parler bereit. Mit dem dann zu erwartenden Ansturm neuer Nutzer würde sich der Balanceakt zwischen freier Meinungsäusserung und Moderation wohl noch erschweren. Und Parler könnte früher oder später genau die Probleme bekommen, die die «Techno-Faschisten» Twitter und Facebook jetzt schon haben.
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